Fluorocarbon als Hauptschnur ist für viele Angler immer noch eine Sache, die sie sich nur schwer vorstellen können. Die meisten Angler in unseren Breiten, die Kunstköder verwenden, haben sich voll auf geflochtene Angelschnur eingeschossen. Sobald man einen Blick über den Tellerrand wagt und sich mit anderen Schnurtypen befasst, wird man mit diversen Mythen konfrontiert, die einem die Lust an Experimenten vermiesen können.
Fluorocarbon steht dabei in noch schlechterem Ruf als eine traditionelle Mono aus Nylon. Ein paar dieser Mythen möchte ich jetzt aus der Welt schaffen!
Inhaltsverzeichnis
Verbreitete Fluorocarbon Mythen
- Fluorocarbon muss nass aufgespult werden!
- Fluorocarbon muss auf der Spule ruhen!
- Fluorocarbon ist weniger sensibel!
- Fluorocarbon ist nur bei sehr klarem Wasser von Vorteil!
- Die Bissverwertung mit Fluorocarbon ist schlechter!
- Mit Fluorocarbon beschichtete Angelschnur ist besser für Einsteiger!
- Man kann mit Fluorocarbon nicht Topwater angeln!
Diese Fluorocarbon Mythen sind zum größten Teil absolut falsch und zum kleineren Teil mit einer großen Portion Vorsicht zu genießen.
Fluorocarbon nass aufspulen
Es ist absolut unnötig Fluorocarbon (kurz = FC) nass zu machen, um es optimal aufspulen zu können. Das Einzige was wirklich passiert, wenn man Fluorocarbon nass aufspult ist, dass es nass wird. Wenn dir das ganz wichtig ist, dann ist nass aufspulen wirklich notwendig, ansonsten ist es sinnlos.
Man kann die Spule in einen Kübel voll Wasser werfen, damit die Spule im Wasser langsamer und kontrollierter dreht als sie das am Fußboden tut. Wenn man aber etwas hat das die Spule beim Aufspulen ruhig drehen lässt, wie einen Spulenhalter, einen Helfer oder etwas Vergleichbares, ist es absolut nicht von Vorteil das Fluorocarbon nass zu machen beim Bespulen.
Fluorocarbon muss auf der Spule ruhen
Viele Angler glauben, dass man FC vor der ersten Verwendung ein paar Tage auf der Spule ruhen lassen muss. Macht man das nicht und die Schnur bekommt keine Zeit, sich an die neue Spule zu gewöhnen, soll das FC anscheinend deutlich schwerer zu kontrollieren sein.
Das stimmt meiner Erfahrung nach und auch laut der Erfahrung anderer erfahrener Angler stimmt das auch nicht. Es gibt zum Beispiel von Henrik Haak ein YouTube Video wo er bei etwa 3:30 darüber redet. FC kann sofort nach dem Aufspulen ohne Wartezeit verwendet werden. Spürbare negative Konsequenzen hat es nicht, wenn vor der ersten Verwendung keine Ruhephase eingeplant wird.
Fluorocarbon ist weniger sensibel
Das kann man nur behaupten, wenn man von einer konstant gespannten Schnur ausgeht, ansonsten gehört das ins Reich der Fluorocarbon Mythen. Sobald die Schnur locker ist, hat FC bei der Sensibilität die Nase vorne, wenn es darum geht wie viel man spürt.
An gespannter Schnur, zum Beispiel wenn man ein Rig schleift, bekommt man auch alles mit. Aber man muss sich an die Art der Rückmeldung gewöhnen. Es ist alles zu spüren, nur eben viel dumpfer, nicht so klar und hell. Sobald man einige Zeit mit FC geangelt hat, bekommt man aber ganz klar mit was am Gewässergrund liegt und wie die Beschaffenheit von dem Gewässergrund ist.
Bei lockerer Schnur ist die Rückmeldung sogar sehr viel besser als bei geflochtener Schnur. Eine geflochtene Schnur mit einem ordentlichen Schnurbogen bietet nämlich überhaupt keine spürbare Rückmeldung. Da das FC aber eine Einheit bildet, werden sämtliche Reize direkt weitergeleitet. An lockerer Schnur bekommt man einen Biss ganz klar mit.
Gerade beim Angeln mit vielen Rigs, die von lockerer Schnur leben, wie dem Weightless Rig, Wacky Rig, Backslide Rig, Free Rig und vielen anderen, ist das ein großer Vorteil. Das ganze nennt sich Slackline Sensitivity.
Fluorocarbon ist nur bei sehr klarem Wasser von Vorteil
Auch das stimmt nicht ganz. Da die Oberfläche von Schnüren aus FC deutlich glatter ist als die Oberfläche von Geflecht, macht es auch bei trübem Wasser einen Unterschied. Die Geräuschentwicklung ist bei FC deutlich geringer als bei geflochtenen Schnüren.
Außerdem gibt es die zuvor angesprochene Slackline Sensitivity auch im trüben Wasser. Wer mehr spürt, hat mehr Kontrolle, egal wie gut oder schlecht die Sicht ist.
Die Bissverwertung mit Fluorocarbon ist schlechter
Diese Behauptung stimmt nur teilweise. Auf große Distanzen kann es tatsächlich sein, dass der Anhieb nicht wirklich durchkommt. Er muss allerdings auch oft nicht so bretthart durchkommen, wie das mit Geflecht der Fall ist. Da Geflecht keine Dehnung hat, passiert es sehr schnell, dass man die Spannung verliert und dann ist es wichtig, dass der Haken wirklich ordentlich sitzt, da er sonst abgeschüttelt wird.
Solange der Fisch es nicht schafft die ganze Dehnung aus der Schnur zu bringen, kann er aber auch einen Haken der nicht so tief sitzt nur sehr schwer loswerden. Außerdem dringt der Haken im Laufe des Drills dann schon richtig ein, wenn er nicht ultra stumpf ist.
Auch wenn der Anhieb nicht ganz so krass beim Fisch ankommt, muss ich sagen, dass ich nicht das Gefühl habe weniger Fische zu landen. Wenn ich Kontakt zu einem Fisch habe verliere ich ihn so gut wie nie. Durch die Restdehung kann der Haken kaum abgeschüttelt werden und er schlitzt auch so gut wie nie aus, wenn ein Fisch nur knapp hängt. Bei einer überraschenden Flucht vor dem Kescher ist die leichte Dehnung von FC auch ein Vorteil.
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Mit Fluorocarbon beschichtete Schnur ist besser für Anfänger
Da Mono die mit FC beschichtet ist im Ruf steht etwas gutmütiger zu sein und deutlich billiger ist, wird sie gerne für den Umstieg und für erste Erfahrungen empfohlen. Das ist meiner Erfahrung nach keine gute Idee, da man deutliche Nachteile hat und die Vorteile von FC zu einem großen Teil verliert.Ich liebe FC als Hauptschnur, aber ich würde niemals eine Schnur nehmen die mit FC beschichtet ist.
Die Slackline Sensitivity ist bei beschichteter Schnur nicht mehr so ausgeprägt. Man hat außerdem die höhere Dehnung von der Mono, die im Inneren der Schnur ist. Die unterschiedliche Dehnung des Nylons im Inneren und des FC außen herum führt zu weiteren Problemen. Wenn eine beschichtete Schnur stark gedehnt wird, im Drill der wenn man einen Hänger abreißen muss, ist sie meistens kaputt.
Weil sich die zwei Materialien unterschiedlich stark dehnen, finden sie später nicht wieder auf die ursprüngliche Position zurück. Dadurch entstehen starke Kringel, die die Schnur unbrauchbar machen. Wenn man nach jedem unlösbaren Hänger eine neue Schnur braucht, wird der Frust schnell groß. Außerdem sind die häufigen Schnurwechsel weder schonend für das Budget noch für die Umwelt.
Mit Fluorocarbon kann man nicht Topwater angeln
Auch das stimmt nur zum Teil. Es ist zwar richtig, dass FC sinkt und Nylon oder Geflecht in der Regel schwimmt, aber das ist nicht immer gleich ausschlaggebend.
Wenn man nicht sehr langsam und nicht mit sehr kleinen Köder Topwatern möchte, geht das schon, vor allem mit dünnen FC Schnüren. Bis etwa 0,20 mm Durchmesser ist die Schnur so leicht, dass sie trotzdem nicht schnell untergeht. Solange man den Köder nicht ewig stehen lässt, kann man also ruhig auch mit FC Topwater Köder anbieten, auch Popper. Aber besonders Crawler, Walker, Wakebaits und Ähnliches sind sogar mit dickerem FC in aller Regel kein Problem.
Nur wenn sehr leichte Köder angeboten werden oder längere Pausen gemacht werden würde ich auf jeden Fall eine Mono aus Nylon oder ein Geflecht empfehlen um Topwater Köder zu präsentieren.
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